Außerordentliche Kündigung: Wenn ein Sicherheitsmitarbeiter gegen die Sicherheit arbeitet

Der spätere Kläger wurde von der späteren Beklagten, einer Unternehmerin des Wach- und Sicherheitsgewerbes, im Jahr 2010 als Sicherheitsmitarbeiter eingestellt. Die Aufgabe des Klägers bestand darin, den Ein- und Ausgang des Produktionsbereichs der Auftraggeberin der Beklagten, einer Münzherstellerin, zu kontrollieren. Der Ein- und Ausgang wurde durch ein Drehkreuz gesichert. Die Mitarbeiter des Unternehmens konnten sich mit Chipkarten Zutritt zum Produktionsbereich verschaffen bzw. diesen verlassen. Es war zusätzlich ein Zufallsgenerator angebracht, um die Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen durch die Sperrung des Drehkreuzes anzuhalten und um zu kontrollieren, ob diese Wertgegenstände entwenden, was freilich bei Münzen besonders einfach und naheliegend sein könnte. Sofern der Zufallsgenerator ansprang, war der jeweilige Arbeitnehmer vom Sicherheitsmitarbeiter, also regelmäßig vom Kläger, zu kontrollieren.
Die Beklagte hatte dem Kläger im Jahr 2011 eine „Arbeitsanweisung“ erteilt. Es war konkret benannt, wie er sich am Arbeitsplatz verhalten sollte: Für den Fall, dass er sich von seinem Arbeitsplatz am Drehkreuz mehr als fünf Minuten entfernen musste, hatte er einen Mitarbeiter der Prägestätte als Vertretung anzusprechen.


2014 teilte das Münzunternehmen mit, dass bei ihm Gold im Wert von € 74.000,00 aus dem Produktionsbereich entwendet worden war. Das Unternehmen konnte über seine Überwachungskamera feststellen, dass der Kläger an einem Abend kurz vor der Entdeckung des Diebstahls fast eineinhalb Stunden nicht an seinem Arbeitsplatz, sondern bei einem Mitarbeiter der Münzfirma im Büro und später an seinem Kfz war. Man bekam außerdem heraus, dass der Zufallsgenerator ausgeschaltet worden war. Das Drehkreuz konnte frei passiert werden. In dem Wachbuch, in dem der Kläger alle relevanten Vorgänge zu dokumentieren hatte, fand sich kein Eintrag.


Im anschließenden Anhörungsverfahren räumte der Kläger u. a. ein, mit dem Mitarbeiter des Münzunternehmens auch privat gesprochen zu haben. Hinsichtlich des Drehkreuzes machte er letztlich keine ganz klaren Angaben; er schloss jedenfalls nicht aus, dieses durch ein Versehen oder aufgrund eines technischen Defekts freigegeben zu haben. Dass der Kläger wegen seinem Entfernen vom zugewiesenen Arbeitsplatz einen Mitarbeiter des Münzunternehmens gerufen hätte, wurde weder dargetan noch ist dies ersichtlich.
Das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 09.09.2015 – 17 Sa 810/15) gab der Beklagten in der zweiten Instanz darin recht, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich fristlos gekündigt haben zu dürfen. Unter der bekannten und hier sorgfältigen Würdigung der Vorgaben des § 626 Abs. 1 BGB legte das LAG dar, weswegen es der Beklagten unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht einmal mehr zuzumuten war, dass Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufrecht zu erhalten. Das LAG Berlin-Brandenburg arbeitete das Schwergewicht des Vorwurfs heraus: Der Kläger hat durch sein Verhalten eben die Gefahren heraufbeschworen, die sein Arbeitseinsatz verhindern oder wenigstens minimieren sollte. „Er hat mit anderen 
Worten seine Tätigkeit in das Gegenteil verkehrt“. Als besonders verwerflich wurde das Verhalten des Klägers außerdem deshalb beurteilt, als es keinen Grund für ihn gab, erhebliche Werte des Auftragsgebers seiner Arbeitgeberin bzw. letztere in ihrer Vertragsbeziehung zu dem Münzunternehmen zu gefährden.


In dem Urteil geht es außerdem ein neues Mal darum, wie wichtig es für den Arbeitgeber ist, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB – gerade auch im Zusammenhang mit einer Anhörung – und die sonstigen Formalien für eine rechtswirksame Kündigung einzuhalten.


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