„Eine Freistellung unter Fortzahlung der Bezüge“: Das müsste der Traum des Arbeitnehmers sein, endlich „Lohn ohne Arbeit“ – könnte man meinen. Die Gerichtswirklichkeit zeigt aber, dass immer
wieder Arbeitnehmer gegen die Erklärung ihres Arbeitgebers, sie von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen, klagen.
Unproblematisch schuldet der Arbeitgeber nach § 611 Abs. 1 BGB die vereinbarte Vergütung als Hauptleistung (natürlich solange die Arbeitsleistung erbracht wird, sog. funktionelles Synallagma).
Darüber hinaus ist aber seit langem anerkannt, dass dem Arbeitnehmer grundsätzlich auch ein (Weiter-)Beschäftigungsanspruch zusteht, wobei hier dahinstehen kann, ob dieser als Hauptpflicht
oder wesentliche Nebenpflicht des Arbeitgebers einzuordnen ist. Das Bundesarbeitsgericht (vgl. BAG, Urteil vom 10.11.1955 – 2 AZR 591/54) hat jedenfalls schon früh eine allgemeine
Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers, die auf das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zurückgeführt wird, gesehen. Außerhalb des Grundgesetzes kann man das Recht auf Beschäftigung in §§ 611,
613 i. V. m. 242 BGB verankert sehen.
In welchen Grenzen gilt nun dieser Grundsatz?
Eine einseitige Freistellung durch den Arbeitgeber, die nicht auf eine vertragliche Absprache mit seinem Arbeitnehmer zurückgeht, ist zumeist rechtsunwirksam. Etwas anderes gilt allenfalls unter
den Voraussetzungen des § 626 BGB, wenn also ein „wichtiger Grund“, der zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt, vorliegt. Da das Recht auf Beschäftigung
dispositiv ist, kann eine Freistellung grundsätzlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden. Diskutiert wird allerdings, ob und inwieweit dies im Wege eines Vorausverzichts
möglich ist. Formularmäßige Klauseln im Arbeitsvertrag unterliegen bekanntermaßen der AGB-Kontrolle. Ein genereller Verzicht im Voraus, seinen Anspruch auf Beschäftigung geltend zu machen,
verstößt gegen das AGB-Recht. Insofern bleibt fraglich, wie eine solche Klausel eingeschränkt werden kann bzw. muss, um rechtswirksam zu sein. Etwas allgemein gesprochen benötigt der Arbeitgeber
ein „berechtigtes Interesse“, um den Arbeitnehmer freistellen zu dürfen. Bei der Frage, ob ein solches vorliegt, wird häufig zwischen dem gekündigten und dem ungekündigten Arbeitsverhältnis
unterschieden mit der Tendenz, dass eine Freistellung nach dem Ausspruch einer Kündigung ‑ jedenfalls oftmals ‑berechtigt sein soll (was nicht selbstverständlich ist). Natürlich stellt sich bei
den sog. Freistellungsklauseln nicht nur die Frage nach deren Rechtswirksamkeit als solcher; die Entscheidung des Arbeitgebers unterliegt auch der Ausübungskontrolle, § 315 Abs. 1 BGB.
Wir beraten Sie gerne, wenn Sie Hilfe bei der Abfassung einer arbeitsvertraglichen Klausel zu Freistellungen oder bei deren Auslegung benötigen.