Wir haben es nicht nur einmal erlebt, dass sich ein Mitarbeiter bei seinem Arbeitgeber als arbeitsunfähig erkrankt gemeldet und ein anderer Mitarbeiter bei Facebook oder einem anderen sozialen
Netzwerk, in dem die Arbeitskollegen eine beste „Freundschaft“ pfleg(t)en, anderslautende Neuigkeiten entdeckt hat – der „erkrankte“ Kollege berichtete aus dem Tauchurlaub auf den Malediven oder
voller Freude, einen neuen Job in der Schweiz begonnen zu haben.
Nach dem mit einem solchen Geschehen einhergehenden Vertrauensverlust (und mehr: ein ordentlicher Unmut) auf Seiten des Arbeitgebers, der von einem anderen Mitarbeiter informiert wurde, drohen
arbeitsrechtliche Sanktionen; daneben wird eine „erschlichene“ Entgeltfortzahlung wegen Krankheit – oder schon der Versuch derselben – regelmäßig strafrechtlich relevant sein (wir klammern hier
die Fälle aus, in denen eine Reiseaktivität ausnahmsweise nicht arbeits- und/oder strafrechtlich erheblich ist – evtl. bei dem Vorliegen einer Depression. Man sollte allerdings vor Augen haben,
dass manche Arbeitsgerichte/Landesarbeitsgerichte den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch nicht erschüttert sehen, wenn ein Mitarbeiter im sozialen Netzwerk berichtet „einen
wunderbaren Urlaub auf Sylt“ verbracht zu haben. Vgl. dazu LAG Hamm, Urteil vom 13.03.2015 – 1 Sa 1534/14).
Die Ambition, sich seinen Social Friends im Internet mitzuteilen, kann also einen hohen Preis haben. Generell ist festzustellen, dass die Aktivitäten bei Facebook o. ä. (arbeits)rechtlich
zunehmend eine Rolle spielen. Da hier ein weiter Themenkomplex angesprochen ist (z. B.: Kann der Arbeitgeber etwas unternehmen, wenn er seinen Mitarbeiter auf Facebook-Fotos sieht, die ihn im
Schlangenkostüm auf der letzten Party zeigen und dieser Arbeitnehmer, der im Betrieb seriös die Kunden(kontakte) zu pflegen hat, offensichtlich nicht mehr laufen kann?), werden wir dazu –
geordnet nach einzelnen Themen – wieder berichten.
Zurück zum eingangs genannten Beispiel. Welche Problemfelder sind tangiert?
Nun, im Tatsächlichen, findet über den „Freundeskreis“ in den sozialen Netzwerken eine Mischung aus Privat- und Berufssphäre statt. Wer auf einer solchen Plattform 400 Freunde/Kontakte sein Eigen
nennt, hat hier häufig neben Personen aus seinem privaten Umfeld Arbeitskollegen mit im Boot. Da dies derjenige, der diese Kontakte im sozialen Netzwerk initiiert oder pflegt, weiß, ist es
erstaunlich, wenn und dass er sich dort mit seinem rechtswidrigen, jedenfalls aber missverständlichen Verhalten mitteilt.
Beweisverwertung: Zweifel an der Verwertung der über soziale Netzwerke gefundenen Daten werden immer wieder angemeldet, indem damit argumentiert wird, die bei Facebook u. ä. getätigten Äußerungen
seien „privat“. Richtig ist, dass es höchstrichterliche Rechtsprechung dazu gibt, dass Gespräche unter Arbeitskollegen unter bestimmten Voraussetzungen als vertraulich anzusehen sind und
„Lästereien“ über den Arbeitgeber diesen nicht dazu berechtigen, das Verhalten des jeweiligen Arbeitnehmers abzumahnen oder dessen Arbeitsverhältnis zu kündigen. In einem sozialen Netzwerk kann
man aber nicht mehr von einem vertraulichen Gespräch unter Kollegen ausgehen: Der Adressatenkreis bei Facebook u. ä. kann sehr groß sein. Man wird deshalb zu Recht davon ausgehen müssen, dass die
Aktivitäten in einem sozialen Netzwerk nicht rein privater Natur sind.
Rechtlich: Die Posts in sozialen Netzwerken erweitern die Beweissituation in einem Rechtsstreit. Allerdings nicht in dem Sinn, dass dadurch zivilprozessrechtlich neue Beweismittel zur Verfügung
stehen. Die Beweismittel, die die Zivilprozessordnung (ZPO) kennt – und die über § 46 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) auch im Arbeitsgerichtsprozess Anwendung finden –,
und zwar der Augenschein (§§ 371 ff. ZPO), der Zeugenbeweis (§§ 373 ff. ZPO), der Beweis durch Sachverständige (§§ 402 ff. ZPO), der Beweis durch Urkunden (§§ 415 ff. ZPO) und der
Beweis durch Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO), werden durch die Aktivitäten bei Social Media nicht erweitert. Wer über seinen Arbeitnehmer oder dessen Kollegen die latest news via Facebook o. ä.
erfährt, wird dies im Rechtsstreit als Urkunden-, Augenscheins- oder Zeugenbeweis bzw. über eine Parteieinvernahme anbringen. Die „Erkenntnisquelle“, die soziale Netzwerke eröffnen, ist also eine
tatsächliche Erweiterung der Beweissituation.
Und die rechtlichen Konsequenzen? Auch diesbezüglich bleibt es beim Herkömmlichen: Arbeitsrechtlich kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos gemäß § 626 Abs.
1 BGB kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Sollte der Sachverhalt dies rechtlich nicht hergeben, kann ggf. – in der Regel nach einer einschlägigen Abmahnung – verhaltensbedingt ordentlich
unter Einhaltung der gesetzlichen/tariflichen/vertraglich vereinbarten Frist gekündigt werden. Eine solche Kündigung muss – eben als verhaltensbedingte – sozial gerechtfertigt sein, § 1 Abs.
2 KSchG.